Durch das sächsische Elbtal führt eine transeuropäische Eisenbahnstrecke. Diese wird „Korridor Orient - Östliches Mittelmeer“ genannt. Bis 2020 soll diese fertig ausgebaut sein. Ziele sind, die Anbindung von Randregionen sowie die Kombination und Vernetzung im Personen- und Güterverkehr der EU-Staaten. Konkret bedeutet dies, dass Güter aus den Häfen vom Mittelmeer (Athen) und dem Schwarzen Meer (Burgas) schneller an Ost- und Nordsee zu transportieren. In Sachsen betrifft dies insbesondere die Strecken Prag-Dresden mit dem Erzgebirgs-Basis-Tunnel und den Abschnitt Dresden-Berlin. Lärmschutz spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
Kann Brüssel zu einer leise(re)n Bahn verhelfen?
Am 16. Mai sind Betroffene von Bahnlärm zu einer Diskussionsrunde in die Börse Coswig eingeladen. Im Gespräch mit EU-Kundigen können die Bürger ausloten, welche Möglichkeiten es auf europäischer Ebene zur Minderung der Geräuschkulisse vor Ort gibt.
Coswig (Sachsen). Was kann die Europäische Union gegen den Bahnlärm im Elbtal verrichten? Dieser zentralen Frage geht am 16. Mai ein Diskussionsforum in der Börse Coswig nach. Unter der Überschrift „Perspektive Europa – für eine leise Bahn in Coswig“ veranstaltet der Coswiger Verein Bürgerinitiative Bahnemission-Elbtal (BI) eine Gesprächsrunde. Im Kleinen Saal stellen sich ab 17.30 Uhr drei EU-kundige Gäste der Diskussion: Der Berliner Lärmexperte Michael Jäcker-Cüppers, der Dresdner Verkehrspolitiker Matthias Ecke (SPD) und die auf Handels- und internationale Wirtschaftspolitik spezialisierte Politikerin Anna Cavazzini (Bündnis90/Die Grünen) aus Berlin. Die Moderation übernimmt der Dresdner MDR-Journalist Stephan Wiegand. Der Eintritt ist kostenfrei.
Das Angebot richtet sich an alle, die dem Geräuschpegel des Schienenverkehrs permanent ausgesetzt sind. „Bis zum Jahr 2025 soll sich die Zahl der Güterzüge im Elbtal gegenüber 2006 verdoppeln“, sagt BI-Vorstand Michael Krebs. „Mit der EU hatten wir beim Thema Bahnlärm bisher so gut wie keine Berührung, aber wir wollen die betroffenen Bürger mit dieser Verwaltungsebene in Kontakt bringen und unsere Fühler ausstrecken für sinnvolle Aktivitäten.“ Die Gesprächsrunde soll Interessierten konkrete Anregungen geben, wie sie sich mit ihrer Forderung nach mehr Lärmschutz Gehör verschaffen und konstruktiv einbringen können. Auch geht es um die Frage nach europäischen Fördergeldern: Welche Töpfe kann der Freistaat Sachsen in Brüssel nutzen, um gegen Bahnlärm aktiv zu werden?
„Brüssel erscheint erst einmal weit weg, weshalb viele diese politische Ebene unterschätzen“, sagt Michael Krebs. „Doch die EU verfügt über verschiedene Instrumente und Maßnahmen, die uns bei unserem Anliegen einer leisen Bahn von Nutzen sein können.“ Immerhin könne die EU über Verordnungen und Richtlinien den Mitgliedstaaten den Weg weisen. Als Beispiel nennt der BI-Vorstand die Lärmaktionspläne. Sie seien von der EU angestoßen worden, um in den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt zu werden.
Bei der Besetzung des Podiums hat die BI Gesprächspartner gewählt, die bereits in verschiedenen Bereichen und Gremien der EU tätig waren. Lärmforscher Michael Jäcker-Cüppers ist Vorsitzender des Arbeitsrings Lärm der Deutschen Gesellschaft für Akustik. Von 1999 bis 2004 leitete er die Arbeitsgruppe Bahnlärm der Europäischen Kommission. Von 2011 bis 2013 wirkte er in der Europäischen Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der Geräuschvorschriften für Schienenfahrzeuge mit. Die anderen beiden Podiumsgäste treten zur bevorstehenden Wahl des Europaparlaments am 26. Mai für ihre jeweilige Partei als EU-Kandidat an. Dabei blickt Anna Cavazzini auf mehrjährige Tätigkeiten im Europaparlament, Auswärtigen Amt und in den Vereinten Nationen zurück. Matthias Ecke kann auf vielfältige Erfahrung in Entscheidungsbereichen der Politik und Verwaltung verweisen. Gegenwärtig leitet er die SPE-AktivistInnengruppe in Dresden als Basisstation der europäischen Mutterpartei. Etliche Jahre zeichnete er bei den Jusos in Sachsen und im Bund für die Europapolitik verantwortlich. „Ich weiß, wie man politische Ideen in praktische Politik überführen kann und warum manch gute Vision scheitert“, sagt Matthias Ecke.
Veranstaltet wird die Gesprächsrunde von der BI Elbtal in Kooperation mit dem Verein Europa-Union Sachsen e.V. Als größte Bürgerinitiative für Europa in Deutschland engagiert diese sich parteipolitisch unabhängig für die europäische Einigung.
Möglich ist die Organisation des Diskussionsforums dank einer Förderung im Rahmen des Programms „Demokratie leben“.